Philipp Duch – Zukunftsvisionen und Wünsche

Pyromanische Wunschvorstellungen
(Gedicht)
Mit dem Tod der letzten Sprache
werden die Bibliotheken der Welt
AUCH NUR
Hallen voller
BRENNMATERIAL
sein.
Wenn Dummheit
noch stärkere Wurzeln geschlagen hat
UND ENDLICH
volle Früchte trägt,
werden die Bibliotheken
ALLEIN deswegen brennen müssen,
weil es keine Bäume mehr gibt,
die man alternativ
anzünden könnte.
Kapitel 1:
Aus einem von der UNO in Auftrag gegebenem Wirtschaftsbericht
[…] Wenn der Zinssatz für die von den Regierungen verwalteten Staatsschulden hoch genug ist, dass den internationalen Kreditinstituten langweilig wird, dann ist zu befürchten, dass es um das Wohl der Menschheit nicht gut bestellt ist. So geht etwa aus einem Geheimdokument hervor, das frühestens mit der Erfindung des Bankwesens oder erst mit den Plänen zur Einführung des Euros 1999, im spätesten Fall im Frühjahr 2008 allen Regierungsvorsitzenden zukam:
„Sehr geehrte Repräsentanten!
Wer uns zufrieden stellen will, muss ordentlich bluten.
Mit freundlichen Grüßen, Ihre Bank“ […]
Kapitel 2:
Mitteilung an die Tintenfische
Wenn die Erdatmoshäre nuklear deratig verstrahlt ist, dass Leben wie bisher bekannt nicht mehr möglich ist, dann ist die Immunschwächekrankheit, von dem der blaue Planet befallen ist, ausgebrochen.
Diagnose: Geologisches HIV im Endstadium verursacht durch einen akkuten Befall in Form einer evolutionären Mutation.
Erreger: Homo sapiens sapiens.
Inkubationszeit: Schätzungsweise 30 000 Jahre.
Therapiemöglichkeiten: Wird die Zeit mit sich bringen.
(Die genauen Zusammenhänge, die den Ausbruch der Krankheit verursachen werden, werden durch den menschenfeindlichen Kranheitsverlauf für Sie, die Tintenfische, nicht mehr nachzuvollziehen sein. Es wird aber vermutet werden können, dass eine Überreaktion des autoaggressiven Virus stattgefunden haben wird, katalysiert durch konsequent durchgeführtes Outsourcing der auf der Erde vorhandenen und für den Menschen interessante Ressourcen.
Menschliches Versagen wird in jedem Fall ausgeschlossen werden müssen, da Sie, die Tintenfische, zum Schutze des Ansehens der Menschheit, die sich auch bis zu ihrer selbstverschuldeten Vernichtung mit Sicherheit zum Großteil als Krönung der Schöpfung betrachtet haben wird, von der These auszugehen haben werden, dass man aus Dummheit den eigenen Heimatplaneten n i c h t auf solche Weise verseucht haben könnte.)
Kapitel 3:
Verschwörungstheorie:
Was uns der Konsum von Pornos über das Ozonloch verrät
Wenn es kein Ozonloch mehr gibt, weil gar kein Ozon mehr übrig ist, dann ist die atmosphärische Rüstung, die uns bis zuletzt mit Unterstützung der chem trials vor der kosmischen Strahlung geschützt hat, gerade so wirkungsvoll wie irakische Massenvernichtungswaffen. Menschen wieAmerikaner werden etwas suchen und vermissen. (Das werden sie allerdings erst, wenn keine frischen pornografischen Inhalte hochgeladen werden können, weil aufgrund der Unfruchtbarkeit ein erheblicher Mangel an fickendem Nachwuchs bestehen wird, eben jener Nachwuchs, für den es sich lohnen würde, vor den Bildschirmen zu masturbieren.)
Kapitel 4:
Kultur
Das Prinzip der Meinungsfreiheit (fester Bestandteil demokratischer Staatsformen) unterstützt die Variabilität von Perversionen. Oder legt doch zumindest – wenn man sich nicht ganz so weit aus dem Fenster lehnen möchte – deren Auswüchse automatisch offen. Dieser Effekt ist ja auch erwünscht und vorgesehen, was die Wissenschaft zur Pflicht aufrufen sollte, sämtliche Abartigkeiten zu dokumentieren und auszuwerten.
Von einer Veröffentlichung dieser Studie ist jedoch aus moralischen, wie demokratischen Grundsätzen abzuraten, da die Ergebnisse in falschen Händen ausgenutzt werden könnten, indem z.B. explizite Zielgruppen in ein durch Verkaufsstrategien beabsichtigtes Abhängigkeitsverhältnis zu dem jeweiligen Produkt bzw. der jeweiligen Dienstleistung getrieben werden!
Anmerkungen des Autors
Ich hoffe, die Wissenschaft wird sich mit diesem Phänomen in Zukunft noch mehr beschäftigen, damit mein Fetisch, in öffentlichen Bibliotheken herumzulungern, um an besonders delikat anmutenden Buchrücken zu lecken, doch noch schriftlich festgehalten und trotz der zuvor geäußerten Bedenken im Rahmen dieser Studie als Buch mit äußerst breitem Rücken publiziert werden kann, bevor der zellulose Inhalt dieser Gebäude der uns bevorstehenden Barbarei zum Fraß vorgeworfen wird, ohne dass ich die Chance bekam, an der Veröffentlichung meiner eigenen Phantasie meinen Speichel zu hinterlassen.

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