Sie, die Frau mit den langen, straßenköterblonden Haaren und den unwirklichen, blauen Augen sprach und sprach, den ganzen Abend lang, während ihr Mund sich nicht nur öffnete und schloss, sondern viel über seine sinnliche Form verriet.
Erzählte aus ihrem Leben, verschwieg auch nicht das Wichtigste.
Sie sei schon von Laos nach Vietnam gewandert, hätte fremde Kulturen kennengelernt.
Philosophie hätte sie auch studiert, sowie Friedensforschung, passend zu ihrer Akne -die sie in ihrer Jugend wohl geplagt hatte- und den hohen Wangenknochen.
Ein ereignisreiches Leben legte sie ihm vor die Füße und ihr Ohr zuckte leicht, wenn sie von sich und den Männern sprach.
Am Ort des Geschehens war es ruhig, bis auf leises Beatgeplätscher.
Diese Frau war so gar nicht aus seiner Welt, in der die Sprache nur dem Kräftemessen diente und sich gegenüber dem blutigen Gefecht durchgesetzt hatte, da Nadelstreifenanzüge praktischer und kleidsamer waren als Kettenhemden.
Er fand, dass sie schon ein wahres Wunder sei: präsent, geistreich und noch wichtiger; aufmerksam genug um zu erkennen, wann das Schweigen alles war, das sie teilen konnten, denn plötzlich hielt sie in ihrer Erzählung inne, ohne zu erwarten, dass er das Gespräch an sich reiße.
Ihre Wimpern schwangen leise zum Beat der Musik, als er ein einsames Wort auf einen Bierdeckel schrieb.
Sie las.
Ihr Gesicht verzog sich, so als gefiele ihr ganz und gar nicht, was sie da gelesen.
Ohne ein Wort fragte sie ihn, was für ein Spiel er mit ihr treibe, jedoch war er nicht im Stande, ihr zu antworten,
also schrieb er ein zweites, bedeutungsschwangeres Wort unter das erste.
Sie musterte ihn und fragte, ob er nicht ganz bei Trost sei- beziehungsweise, Sinngemäßes, das ihre Deutschkenntnisse erlaubten-,
ob er noch nie von dem Spiel zwischen Männern und Frauen gehört hätte.
Er könne doch nicht erwarten, dass einzelnes, geschriebenes Wort alle ihre Mauern hinwegfegen würde, schon gar nicht mit einer so absurden Erklärung, wie dem Zweiten.
Sie sagte, sie sehe in seinen Augen, wie sehr er sie begehre und empörte sich darüber, dass er nicht den Anstand hätte um sie zu kämpfen, sondern sich lächerlich machte, mit dieser grotesken Art der Balz.
Kein Augenblick verging, da fing er lauthals an zu lachen und die Fältchen in seinen Augenwinkeln stimmten mit ein.
Pupillen -so groß wie Stecknadelköpfe- stellten sein Gesicht unendlich scharf, ungläubig was sie da sahen.
Die Fingerspitzen seiner Rechten striffen zart ihren Hals und sie kam wieder zu sich.
Hastig und mit pochendem Herzen schrieb sie zwei Worte auf den Bierdeckel.
Er ließ sie nicht zu lange warten
und die Balz war beendet.