Der Eiskaffee wird warm
schwitzt auf der Zunge
zaubert im Kopf ein Verlangen
bis der Wind kommt
der Fahrtwind eines durchfahrenden
Güterzuges im Hauptbahnhof
Egal welcher Bahnsteig
rauchend auf und ab laufend
die Menschen haben Angst
vor sich selbst
vor einem
haben Angst
man stürzt sich vor den Nächsten
einfahrenden Zug
haben Angst davor
etwas damit zu tun zu bekommen
Wie sie nachts die Straßenseite wechseln
weil man in dieselbe Richtung läuft
vielleicht ohne es zu wissen
dasselbe Ziel hat
Sie bleiben nicht stehen
sie werden schneller
sie drehen sich nicht um (und)
laufen einem entgegen
um dann als Verfolger
dem selbsternannten Opfer nachzustellen
Unbeabsichtigt ist alles
Unbeabsichtigt und nur durch das Denken
absichtlich aus der Fernseherfahrung, Mattscheibe
Die nächste Generation ohne Kriegserfahrung
im eigenen Land
das Grauen wartet
wird neu geboren
stärkt sich aufs Neue
an der naiven Unschuld
an der vergehenden Hoffnung
auf langen Frieden
Die unbeabsichtigte Selbstverständlichkeit
kein Missgrauen
die stillschweigende Unzufriedenheit
die schreiende Angst vor Veränderung
das alles nur noch schlimmer wird
das Existenzielle nachlässt
sich aufreibend, aufopfert, abstirbt
wie der Gedanke, die letzte Zigarette
auf dem Bahnsteig zu rauchen und
mit dem Größenwahn im Kopf
melancholisch in die Stadt zurück zu laufen
wo es auf dem Weg beginnt zu regnen
und der Kaffee treibt
im Park den Schritt voran
vorbei an den Bänken des Müßiggangs
der Entenscheiße im Gras
im Gänsemarsch mit den anderen
auf die Einkaufsstraße
immer und immer wieder
als gäbe es kein Ziel mehr –
außer unbeabsichtigter Selbstverständlichkeit
Schwanger trotz Pornodialoge
Zukunftsträchtige Nachkriegsdokumentationen
Prophylaxe. Erinnerung.
Ein offener Schuh tanzt über den Marathon
Straßensperrung, Umleitung,
die Gewohnheit leidet verwirrt
wird selbst zur Baustelle
eine Baustelle wie das Universum
das bietet für den Erkennenden
den Aufmerksamen
den Unbeabsichtigten Verfolger
Dann das Glück herausgefordert
und schließlich am Zeitpunkt gescheitert
an der Königsdisziplin der Entscheidung
der fraglichen Wahl, der universellen Enteignung
ein Eingriff in die Intimsphäre
Die Regieklappe kappt die Schnüre
im Marionettentheater
die Figuren sinken zusammen
auf dem Boden geblieben
nach den Sternen gegriffen
unmöglich am Tag
Die Flügelspitzen an der Sonnenscheibe verbrannt
In der schwülen Hitze der Nacht
nebeneinander ohne Decke geschlafen
und doch nur die Schnüre verheddert
Die Regieklappe auf den Fenstersims
im Mondschein verbannt
Keine Selbstverständlichkeit und trotzdem
Keine Unzufriedenheit
Keine Unzufriedenheit und trotzdem
Keine Selbstverständlichkeit
Eine Zigarette fällt aus dem Aschenbecher
Ein Güterzughorn
kündigt die nächtliche Durchfahrt
durch den Hauptbahnhof an
ungebremst, im Rausch, im Schlaf, im Traum
hallt er nach, wie der Geruch des Rauches
durch das offenstehende Fenster
in den Wind
den Fahrtwind des Lebens
Gefahr im Verzug
und der Vorhang
fängt Feuer