Mirko Alexander – Haus und Meer / Schinderei

Haus und Meer

Ein Tropfen färbt die Wand
Ein Sandkorn bricht die Welle
Wärmst Du meine kalte Hand?
Ich verzage auf der Schwelle
Es fehlen alle Fenster
Die Flut schaffts nicht zur Bucht
Ganz allein seh’ ich Gespenster
Werde ruhig auf der Flucht
Ich weiß, jetzt seufzt Du wieder
Wann bleibt die Kerze an?
Häuser brennen nieder,
Wenn das Meer sich
Selbst nicht retten kann

Schinderei

Ich hing im Bett und zählte Narben
Auch wie viel’ Frauen mich umwarben
Rief laut die Titel meiner Werke
Zur Übung, für die eig’ne Stärke
Die Lust am Schreiben ging und kam
Ich aß mit Fingern sauren Rahm
Trank bäuchlings liegend laues Bier
Im Tran floß Speichel aufs Papier
Die Wand, beklebt
Mit Lyrik und Verdruß,
Schrie manchmal nach mir: „Mach’ nie Schluß!“
Dann brannten lichterloh die Daunen
Mein wundes Kreuz
Betäubten diese Launen
Die Zeit versank in ihrem Kreis
Ich war allein, aus Schwarz und Weiß
Als Dichter den Planet’ besiegen,
So dachte ich verkrampft im Liegen
Rieb heftig meine kalte Haut
Dass mir vorm Sterben derart graut
War doch die Angst im Vers gebunden
Für was hab’ ich mich so geschunden?!

One thought on “Mirko Alexander – Haus und Meer / Schinderei

  1. schinderei sagt mir sehr zu und erinnert mich an zwei hesse gedichte:

    a) der kranke künstler:

    Andre gibt es, die schlafen, essen, verdauen,
    Lachen morgens und sind am Abend müd,
    Machen Geschäfte und halten sich schmucke Frauen,
    Wie im Milchglas spiegelt die Welt sich in ihrem Gemüt.

    Mir will Essen, Verdauen und Schlafen nicht glücken,
    Welk bin ich morgens und werde erst abends wach,
    Weder Geschäft noch Familie ist mein Entzücken,
    Auch den Frauen lauf ich nie lange nach.

    Aber manchmal spiegelt in meiner Seele
    Sich die Welt wie Wolken in stillster See,
    Klein aber scharf und ohne Trübung noch Fehle,
    Füllt mich, dehnt mich und tut mir vor Wonne weh.

    b) der künstler

    Was ich schuf in heißer Jahre Glut,
    Steht am lauten Markt zur Schau gestellt. Leicht vorüber geht die frohe Welt,
    Lacht und lobt und findet alles gut.

    Keiner weiß, daß dieser frohe Kranz,
    Den die Welt mir lachend drückt ins Haar, Meines Lebens Kraft verschlang und Glanz, Ach, und daß das Opfer unnütz war.

    liebe grüße, auf bald

    simon felix

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert