Eigenwerbung
Ich. Ich schwitze gerne diese Selbstanrede aus. Ich entschlacke mich von mir selbst. Ich spüre mich
den seit der Geburt gekrümmten Rücken herunterlaufen, erst langsam und dann als Stück Feuchtkörper
produziere ich Minute um Minute Duftsubstanzen die nicht allen gefallen und manchmal muss ich mich
schon sehr bemühen nicht zu furzen, meist wenn ein selbst gemachter Aufguss droht und das schützt
mich dann vor dem Denken. Es schützt mich vor mir und beginne dennoch damit. Ich. So fängt man
eigentlich ein Leben an. Ich tropfe weiter und rieche mich, habe es aber vergessen wie die Substanz an
meinem Minikörper roch, als ich aus meiner Mutter herausgepresst wurde. Ich vergesse sowieso viel.
Oft wenn ich was erzählen will vergesse ich und komme auf was anderes, vergesse dann wieder und
gebe den Dingen neue Zusammenhänge. Erkenntnisse, Verdichtungen. Undicht und manchmal ist es
auch einfach nur schmalzig, aber auch das bin ich. “Ich wollte nicht herauskommen” hat meine Mutter
oft vor ihren Freundinnen erzählt. “Von wo nicht rauskommen? “Na ja unten eben, wo man halt
rauskommt”! Und dabei haben sie mich angeschaut, mit ihren zerschminckten Mündern und den R6
Zigaretten darin, immer einen halbgefüllten Cognac vor ihrem Kaffeekränzchen, so als wäre die Möse
etwas Heiliges. Ach so hab ich dann immer gesagt, den Blick am grünen Veloursteppich entlang der
unangenehm an den Fußsohlen scheuerte und bin ins Kinderzimmer gegangen, Playmobilmännchen
anzünden. Was wollte ich eigentlich sagen .Ja könnte ich sagen. Ich gehe gern in die Sauna.
Da bin ich voll ICH. Voller als sonst denke ich und spüre die anderen Menschen da. Man ist ja selten
allein in einer öffentlichen Sauna. Es gibt auch halböffentliche und gar nicht öffentliche, doch dort bin ich
nicht so wie ich .Diese anderen Menschen sind natürlich auch voll sich und das stört mich dann, denn
es stimmt nicht. Sie grüßen unabsichtlich und erwarten absichtlich den Gegengruß. Ich grüße übrigens
ungern. Sie drehen ihre verdammten Sanduhren um und schauen wie viel Sandkörner sie es wohl
aushalten, sich selbst auszuhalten. Ich halte es meist länger aus und dusche danach auch länger kalt.
Die meisten springen einfach nur kurz unter den kalten Strahl und brüllen dann ganz aufgestaut, Es
klingt zoologisch, dabei seufzen sie so verlogen das es mir schon deshalb nicht leid tut, das ich immer
während des Duschens pinkeln tue. Ich mach das auch wenn direkt neben mir jemand duscht. Es
macht dann besonderen Spaß. Ich seife meinen Puschel dann mit Seife ein und pinkel drauf los.
Manchmal ist es auch unangenehm, dann wenn Seife in meine Eichelöffnung kommt, brennt es kurz
und hinterlässt so ein eigenartiges Ziehen. Auffällig ist es nur wenn der Urin besonders gelb ist. Das
kommt vor, nachdem ich gewisse Vitamindrinks getrunken habe. Ich halte dann meine Hand davor, das
vermischt sich dann und das nächste Duschwesen stellt sich hinein. Er ist ja bei sich, es kann nichts
passieren. Es erregt mich nicht. Es ist nur ein selbstverständlich, natürliches Verlangen in der Dusche
oder in der Wanne zu pinkeln. Ich gehe nicht gern auf die Toilette, die ist meistens nass am Boden und
stinkt. Selbst in einer esoterischen Sauna stinkt es nach Scheiße.
Die Musik stört mich, obwohl ein Holzschild silence verspricht, verfolgt mich dieses leidenschaftslose
Ohm Gedudel, dieses Wichtignehmen mit Dingen die nichts mit dir zu tun haben, die dich verdrängen.
Sogar hier bekomme ich zu spüren; GEIZ ist überall! Also habe ich entschieden, irgendwann nach 30
Minuten Sauna, mich dagegen zu entscheiden egal gegen was und zu sagen:” Ich nehme mich nicht
ernst! Ich kann es nicht. Ich muss zu sehr an das erste Gedicht denken, das ich bewusst las. Es ging
da um einen Soldaten, der nach dem Krieg nach Hause kommt und Hunger hatte und einen mit Brot
totmachte. Vor Gericht wurde ihm gesagt dass er nicht totmachen darf- Warum nicht antwortete da nur
der Soldat:
Was soll ich also machen. Etwa eine Sauna mit Punkrock eröffnen. Ohne Uhren ? Ohne Toiletten ? Ich
würde Ärger bekommen. Das Ordnungsamt. Es wäre sauschnell sauernst. Ich hätte, was wollte ich
sagen, keinen Spaß. Ernst nehmen was soll ich den ernst nehmen. Die Trilogie der Tragödien. Die
Liebe? Und die Kontaktanzeigen. Z.B. Polizistin 24 jährig sucht Polizisten ab 1, 85m ,zwischen 28 und
30 Jahre alt. Ohne Kind ,ohne Schulden. Esse gerne Popcorn…Oder Das Leben? Ich lebe doch ist das
nicht ernst genug. Den Tod? Ist der Ernst nicht der Tod von allem. Mal im ernst. Es gibt Menschen die
so heißen! Aber wo? Nur hier! Ich jedenfalls kenne niemanden der Serios heißt oder Serio oder Serjö.
Nicht unsere ernsten Eltern, Lehrer, Politiker, Stars und Chefs sind unsere Hoffnung!
Ich bin zum Glück Künstler. Ich weiß das Kunst Hoffnung heißt und das ist Quatsch. Ich weiß aber dass
ich privilegiert bin und auch das ist Quatsch. Alle Künstler sind Quatsch. Quatschmacher drehen keine
Uhren in Saunen um, sie glotzen nicht, sie schauen sich ganz in Ruhe das ein oder andere geschlecht
manchmal auch etwas genauer an. Sie gehen raus wenn sie genug haben. Duschen und Pinkeln in
einem. Alle sind privilegiert weil sie etwas machen was Bedeutung hat, auch wenn es Mist ist. Sie
sagen nein und sie sagen ja. Sie sagen es. Ich meine nicht die sprache in Taxis auf dem weg zu einem
Billigflug. Ich meine nicht das mähen der Yuppies oder das muhen der Punker.und auch nicht das bellen
der intelektuellen. Auch Sie befehlen ihren Hunden Sitz und Fuß, und spring und hol, sie sagen je nach
Bundesland, komm zu Herrchen, komm zu Frauchen. Sie sagen es, sie wissen es und sie bereuen es,
dass es nicht sie sind, die nach dem Stock laufen dürfen.
Quatschmacher zeigen wer sie sind. Ich spreche hier nicht von Retortenbands auch nicht von
Milchkaffeeexperten. Nein Und auch nicht von Sektschlürfenden Vernissagevampiren die die Bilder
nicht sehen welche die Wände füllen. Ich rede nicht davon wie man in der Spur von Ja- Sagern auf
hohem Niveau überleben kann. Bei denen freue ich mich ganz besonders wenn sie in meinem Urin
stehen. Lackaffen welche evolutionsbedingt auf ihrem rasierten Schwanz stehen, meistens Schnorrer,
dem angepassten Angestelltendasein entsprechend und sich in der Mittagspause in ein angesagtes
Kaffee setzen, um nebenbei ein ganzes Stadtviertel, das sich davor arbeiterlastig oder autonom
nannte, selbstbezogen für sich zu verändern. Die Garde der neuen Chefs, gezüchtet in einer
Champignonfabrik, verbreiten sich wie solche und fahren geleast mit Sausebraus an mir vorbei, winken
und feiern schwerbelastet den Saldo des Volkes. Und die übergebliebenen Ureinwohner, die lieber
gegen ein Hotel Hauptbahnhof oder Flughafen demonstrieren dass sowieso gebaut wird in der Hoffnung
dass die Dealer im Park bleiben, damit die Kinder vorm Fernsehen sitzen bleiben können. Anstatt das
Rathaus zu besetzen, es endlich umzustylen, um es zu dem zu machen was es sowieso ist; Ein
Herrenausstatter aus der Rokkokoepoche mit einer riesigen Bar. Für Alkoholiker scheint es sinnvoll und
der angefertigte Maßanzug ein Spiegelbild von wegschauenden Pavianen auf der Schnäppchenjagd. Wie
soll ich also Politiker ernst nehmen wenn sie doch von mir angestellt sind? Oder Bürger die sich ernst
nehmen. Die kausal onanieren, anstatt chaotisch zu ficken. Ich ficke sogar mit Hexenschuss. Reduziert
wie das Schwitzen.Yingjang, Reinraus. Das ist was anderes als die Frage:” Kann ich mal von hinten…”
Ich nehme auch meinen Schweiß nicht ernst, ich schwitze nun mal wenn ich in die Sauna gehe. Auch
die rasierten Mösen finde ich nicht weiter ernst zu nehmen. Manche sind rasiert, manche designt. Das
habe ich jetzt begriffen. Es gibt sie eben immer noch die männerorientierten Frauen die sich für
emanzipiert halten und ich freue mich immer wieder über eine ganz normale Muschi. Dieser
Sekundenbruchteil, in dem ich das wahrnehme, beruhigt mich und lässt mich für einen Moment ich
sein. Dann wird schon wieder eine Uhr umgedreht. Manche müssen dann auch immer laut mähen oder
bellen, sagen sie können, nein sie wollen nicht aus demselben Grund in die Sauna wie ich. Sie wollen
erst pinkeln dann duschen. Sie wollen erst arbeiten dann sterben. Sie wollen keine Quatschmacher
sein. Sie haben Angst vor dem Totmacher. Der Quatschmacher hat keine Angst vor dem Totmacher. Er
liebt ihn sogar. Alle sollten wir den Totmacher lieben. Jeder weiß dass der Unfug dann ein Ende hat…
Der Angestellte hingegen fürchtet den Totmacher, da er dann seine Rente nicht voll auskosten kann.
Deshalb gibt es Uhren auch in der Sauna. Das Körpergefühl zählt nicht. Das Leben auch nicht. Für was
brauche ich dann also Toiletten?
Es ist so um die Mittagszeit und mir wird von einem Bekannten gerade gesagt dass der Künstler ja viel
Zeit hat. Ich versuche diesen Satz zu schlucken. Ein Furz meldet sich an. Ich werde ihn in Gegenwart
des Satzgebers loslassen. Es wird ein langsames Zischen geben, einen wie ihn kann ich selbst nicht
leiden. Ich mag lieber die lauten Kracher, die einen so wahnsinnig selber überraschen, da muss ich
manchmal loslachen, völlig losgelöst, mitten auf der Straße und die Leute die sich umdrehen und ihre
Gesichter..und manchmal sogar ein Lächeln. Er wird sich dann auch umdrehen und unangenehm
berührt schauen. So als hätte er gefurzt, er wird “wuff” oder “mäh” sagen und weiter duschen. Ich
werde ihm nicht anders beistehen als selbst zu duschen und auf seine bleichen Füße pinkeln. Er wird
es nicht merken. Ich werde es wissen. Er ist ein Chef.
Manchmal quälen mich Bilder, ich bin umzingelt von Singles mit rasierten, designten und gekämmten
Geschlechtern, die Sanduhren klingeln bei jedem Sandkorn wie einer der Handysounds von Jambaa,
das Mähen steht im Vordergrund und ich schwitze nicht mehr.
Ich bin jetzt vielleicht auch schon zu lange in der Sauna. Knapp 12 Jahre, mann wie die Zeit vergeht, so
ohne Uhr. Für mich wird es aber Zeit einen neuen Ort zu suchen an dem ich mich voll hingeben kann.
Nackt wie ich bin, so wie ich das immer getan habe hier. Jeden Schweißtropfen gespürt, jede Frau kurz
registriert, in mich reingelacht und mich gefreut. Und dieses Uhrendrehgeräusch habe ich wie das
Mähen und Bellen gehasst. Punks habe ich nie getroffen. Kühe sind eigentlich auch ganz in Ordnung.
Ich werd ein Bordell eröffnen mit echt nackten Frauen die nur reden. Das ist echt Kunst.
Text by jandeichner © 2010